Kunststoffbeschläge

Vorwort

„Kunststoffbeschläge sind ‚Mist‘, das Pferd hat auf Strassen keine ‚Gleitphase‘, und überhaupt halten sie nicht so gut, außerdem…“
Haben Sie das auch schon mal gehört, als Sie ihren Schmied nach Kunststoffbeschlägen fragten?
Wir schon! 

Haben Sie Phillip Morris schon mal gefragt, ob Rauchen schädlich ist? Sinnlos, oder?

Und warum verlassen Sie sich ausgerechnet bei dem, was Ihnen am nächsten steht (ihrem Pferd, Ehegatten mal unberücksichtigt), ausgerechnet auf das Urteil derjenigen, die am meisten Geld mit Ihnen verdienen? 

Wer reitet? Der Schmied oder Sie?

Also wir reiten selbst und wir haben mit Kunststoffbeschlägen gute Erfahrungen gemacht! 
Auch dort gibt es ganz spezifische Probleme, wie überall, aber den Blödsinn, ein Pferd brauche eine Gleitphase beim Gang, entspräche der Aussage, als wenn Audi sagen würde: 
“ Unsere Autos rutschen serienmäßig zu 30% über die Strasse und die brauchen das auch!“

Oder machen Sie im Winter etwa Eisreiten, wegen der besseren Gleitphase…?

Übrigens, wir haben keinen Werbevertrag mit einem Beschlaghersteller….

Mit diesem Bericht erheben wir nicht den Anspuch alle Kunststoffhufbeschläge probiert zu haben. Auch leiten sich alle Ergebnisse die wir mit KHB haben einzig und allein aus unserer Praxis ab! Desweiteren übernehmen wir keinerlei Haftung für unsere Tips!

Über Kunststoffbeschläge ist schon viel geschrieben worden. Unser Bericht soll nicht eine neue Erfindung des Rades werden. Das heißt, daß alle grundsätzlichen Beschlagsregeln, Werkzeuge etc. nicht mehr explizit vorgestellt werden. Wer hier Interesse hat kann im Anhang die „Literaturquellen“ und ggf. in unserer Linkliste nachsehen. Empfehlen kann ich aus persönlicher Sicht den „Hufkurs für Reiter“ von Armin Kaspar.

Beschlagsmaterial das bisher probiert wurde

  • Marathons
  • Hippo-Tech
  • Panters (wird nicht mehr hergestellt)
  • Trotters Grip

Als Fazit dieser Langzeit-Test’s haben wir uns nun bis auf weiteres auf den Trotters Grip konzentriert. Die Paßform, Abriebfestigkeit, Gestaltfestigkeit und das Verschleißverhalten überzeugen. Beschlagsperioden von 8 – 12 Wochen sind theoretisch möglich! (Immer im Hinblick darauf, daß unsere Pferde im Reitbetrieb gehen!)

Bewertung nach Schulnotensystem (*werden nicht mehr produziert)

Der Beschlag

Wie schon Eingangs erwähnt, wird hier kein grundsätzlicher Beschlagkurs gegeben. Vielmehr möchte ich hier auf kunststoffspezifische Arbeitstechniken eingehen.Natürlich überschneiden sich hier manche Dinge

a) Vorbereitung

Beim Vorbereiten achte ich immer darauf, ja nicht zuviel an Strahl und Huf wegzunehmen. Das heißt: Den Strahl nur soweit zurückschneiden als unbedingt nötig! Sohle und Eckstreben bleiben annähernd unangetastet! Den Tragrand nehme ich auf ca. 4-6 mm zurück.

Der Huf bleibt weitgehenst unangetastet!

Als letztes gleiche ich Zehe und Seitenwände an den Tragrand an. Dadurch ergibt sich ein harmonisch aussehender Huf, der in seiner Struktur (form follows function) absolut gesund und stabil ist.

Keine Hauklinge, kein Schlagen! Modernes Elektrowerkzeug ermöglicht sanfteres Arbeiten für Mensch und Tier!
Steht ihr Pferd auch so gelassen da… (…wenn es beschlagen wird?)

Noch ein Hinweis zum Aufbrennen: Eine absolut plane Fläche erreiche ich mit Hilfe eines Einhand-Winkelschleifers (elektronische Drehzahlregelung), bestückt mit einer sogenannten Polierscheibe, Körnung ca. 40. Damit erledigt sich die Diskussion um gerade Flächen und aufbrennen. Gerade die Vorbereitung des Hufs ist mitunter die Gewähr für einen guten und für das Pferd „gesunden“ Beschlag.

Voraussetzung: Die Pferde wurden an elektrische Werkzeuge gewöhnt!

b) Beschlag

Nachdem ich ein –>Meßprotokoll erstellt habe, (die Gewähr, daß tatsächlich alles paßt) beginnt nun der eigentliche Beschlag.Zuerst zeichne ich die weiße Linie mit einem Edding oder ähnlichem Filzstift nach.

Keinen roten Stift nehmen! (Sonst gibt’s so seltsame Zeitgenossen, die behaupten, man habe den Huf bis auf’s Blut beschnitten!)

Dann richte ich den Beschlagsymentrisch zur Huflängsachse aus. Nun markiere ich mir 3 – 5 Punkte an der Sohle und am Beschlag. An der Position 2 des Beschlags markiere ich die ersten zwei Bohrlöcher. Nun den Beschlag nehmen und die zwei Löcher bohren.

Gut markieren! (Damit es nachher auch richtig passt!)

Anschließend gemäß der Markierungen auf den Huf legen und die ersten beiden Nägel setzen. Nochmals kontrollieren und die Nägel einschlagen. Fuß absetzen, nochmals kontrollieren.

Die ersten beiden Nägel werden gesetzt.

Wenn alles o.k. ist, die restlichen 4 Löcher am Eisen das ja schon angenagelt ist bohren.Dadurch ist ein Vernageln so gut wie ausgeschlossen, da die Löcher 100 % ig genau auf der weißen Linie sind. Nun die restlichen 4 Nägel setzen und einschlagen.

Bohren der restlichen 4 Löcher. (Die Genauigkeit ist nicht zu übertreffen!)

Dann vernieten. Nun steht der Beschlag in der Regel noch ziemlich weit über den Tragrand hinaus.

Alle Nägel am richtigen Platz… Beschlag ist symmetrisch, passt!
Vernietet ist auch, also geht’s an den Überstand. 

Der letzte Schritt ist nun den Belag der Größe nach dem Huf genau anzupassen. Dies geschieht indem man die Projektion des Umrisses der Hufkrone auf den überstehenden Belag aufzeichnet! In der Praxis lieber etwas großzügiger arbeiten, denn nacharbeiten kann man immer noch.

Aufzeichnen der Projektion (Erleichtert hinterher das Arbeiten)

Das überstehende Material kann entweder mit der Raspel, oder mit dem Winkelschleifer abgenommen werden.

Anmerkung: Und wieder ist es von Vorteil, wenn das Tier an Elektrogeräte gewohnt ist!

Vorteile – Nachteile

Nun reden wir mal über unsere Erfahrungen. Die Vorteile und Nachteile beziehen sich auf unsere Erfahrungen, unter unseren Reitbedingungen und in unserem Reiteinsatz. Sie können nicht unbedingt verallgemeinert werden, tragen aber sicherlich ein wenig zur Meinungsbildung bei…

Vorteile:

  • leicht (ca. 1/3 des normalen Hufeisens)
  • bei Herdenhaltung minimiertes Verletzungsrisiko (Schläge)
  • Abtretgefahr gleich 0 (klappen weg)
  • Rutschgefahr auf Asphalt gleich 0
  • geringere Rutschgefahr im Gelände als mit Eisen, da Profil
  • Dämpfung der Vibrationen auf hartem Boden
  • ermüdungsfreieres gehen für das Pferd
  • wenn Fachwissen vorhanden, ist Selbstbeschlag möglich
  • kein Aufbrennen und somit Schädigung des Hufs
  • evtl. verlorene Hufeisen (bei zu langer Beschlagsperiode) stellen keine Gefahr für die landw. Maschinen dar!
  • Bodenbelastung beim Reiten geringer (keine so tiefen Einschläge auf Wegen)
  • Wachstum des Hufs und der Trachten wesentlich besser!

Nachteile:

  • höherer Preis des Beschlagmaterials (Preis einer Kunststoffplatte: ~5,- € ; Stand 2003)
  • Schmiede lehnen Kunststoff pauschal ab
  • genaueres Arbeiten nötig, d. h. es dauert länger 

Fazit

Der Kunststoffbeschlag ist der kommende Beschlag!! Meiner Ansicht nach wird es in wenigen Jahren überwiegend Kunststoffbeschläge geben. Die Qualität, die heute die Trottersbeschläge darstellen, war vor wenigen Jahren kaum zu erwarten. Aus unserer Sicht (Reitbetrieb, Herdenhaltung….) ist der Kunststoffbeschlag nicht mehr wegzudenken. Auch die Erfahrungen wie z.B. die Frankreich – Tour untermauern diesen Bericht. 

500km mit diesem Beschlag (Bild von Naddels Huf bei der Ankunft Eurocheval-Offenburg)

Weiterführende Literatur

  • Armin Kasper, Hufkurs für Reiter (Kap. XIII. Das Ende der Eisenzeit) – ISBN 3-440-07619-9
  • H. Ruthe, Der Huf, Gustav Fischer Verlag, Stuttgart 1988

Anmerkung des Hausmeisters:

Nur mal so gesagt…
Unsere Pferde machen dies hier gezeigte Prozedere ohne Mucken und Faxen mit. Da wird kein Pferd unruhig! Das ist das Ergebnis unserer langjährigen Bemühungen. 
Wenn uns einer sagt, sein Pferd mache jede Menge Ärger beim Beschlagen, der sollte vielleicht mal nachdenken…
…jedenfalls, wer Fragen hat, oder ein Seminar über diese Thematik bei uns belegen möchte, kann uns jederzeit mailen. 

Der Huf

Beschleunigungsbetrachtungen an der Hornkapsel
Durchgeführt wurden die Beschleunigungsuntersuchungen von der Universität Utrecht.

Verwendete Hufbeschläge:

Hippoflex-Kunstsoffbeschlag (Firma CERA, Kaufbeuren)
Der Kunststoffhufbeschlag (Gewicht 166 g, Dicke 14 mm) ist ein flexibler Polyurethan-Beschlag. Der Grundgedanke bei Form und System dieses Beschlages ist, den Huf ähnlich dem Barhufläufer zu belasten. Das heißt, die drei Teile Tragwand, Sohle und Strahl werden als tragende Elemente herangezogen. Die Beschläge sind mit 3 Aufzügen (Kappen) versehen, um die auf die Nägel wirkenden Kräfte zu reduzieren. 

Traditioneller Eisenbeschlag ((Firma MUSTAD-Industrie-Eisen, maschinell vorbereitet, wie üblicherweise verwendet) Gewicht 475,3 – 520,30 g, Dicke 10mm 

Keinen Hufbeschlag (Barhuf)
Hierbei trabt das Pferd ohne Beschlag, wie es sich natürlicherweise bewegen würde. 

Versuchsaufbau

Es wurden 12 untersucht. Wesentlichster Faktor bei der Pferdeauswahl war der, dass sich die Pferde in der Art der Bewegung sehr ähneln mussten.
Nach dem Vorbereiten der Hufe wurde je nach Messabschnitt, ob für Eisen-, Barhuf- oder Kunststofflauf, eine Aluminiumplatte an einer definierten Stelle des linken Vorderhufes angebracht, die Platte, an der später die Messeinheit befestigt wurde. Der Beschleunigungs-aufnehmer verfügt über drei Messpunkte, die die Beschleunigungen in horizontaler (x), vertikaler (y), und diagonaler (z) Richtung misst. Für die Untersuchungen wurden nur die Werte in x- und y-Richtung separat erfasst und dargestellt. 
Am Bildschirm waren die Beschleunigungskurven in den drei beschriebenen Richtungen x, y, und z sichtbar und wurden in der Beschleunigungseinheit m/s² angegeben. Die geforderte Messdistanz betrug 10 m, die Strecke war im Trab mit 3,5 m/s zu überwinden. 
Es wurden Messungen mit 12 Pferden unterschiedlichen Alters durchgeführt. Jedes Pferd wurde mit jeder der drei Beschlagsvarianten gemessen. Es mussten von jedem Pferd pro Beschlagsart mindestens 6 korrekte Messungen vorliegen. 
Alle Messungen wurden nacheinander durchgeführt, d.h. jedes Pferd durchlief die Messstrecke nacheinander mit allen drei Beschlagvarianten.

Ergebnisse

Es wurden für die Auswertung nur die Maximalbeschleunigungen in der Vertikalen (x) und Horizontalen (y) herangezogen, da sie das anschaulichste Ergebnis über auftretende Stöße und das Gleitverhalten liefern. Die drei unterschiedlichen Hufbeschläge wurden varianzanalytisch unter Berücksichtigung wiederholter Messungen verglichen. „Hufbeschlag“ und „Messungen“ waren abhängige Variable. 
In Tabelle 1 sind die Maximalbeschleunigungsamplituden in der Vertikalen angegeben, d.h. dieser Wert beschreibt die Maximalstöße, die das Pferd direkt vertikal auf die Hornkapsel erfährt. 
Der paarweise Vergleich der drei unterschiedlichen Hufbeschläge zeigt, dass die Mittelwerte der maximalen vertikalen Beschleunigung beim Kunststoffhufbeschlag bedeutend niedriger liegt, als dies bei einem traditionell geschmiedeten Hufeisen der Fall ist. Verglichen mit dem unbeschlagenem Huf, ist die maximale vertikale Beschleunigung beim Kunststoffbeschlag immer noch deutlich niedriger. Daraus folgt, dass bei den verwendeten Kunststoffhufbe-schlägen die Amplitude der vertikalen Beschleunigung bedeutend niedriger ist als beim Barhuf und bei traditionell mit Eisen beschlagenen Hufen.

Tabelle 1: Mittelwerte der Beschleunigungsamplituden in der Vertikalen

BeschlagMittelwertStandardabweichungWertebereich
Stahl  688 m/s2  293 266 – 1433 m/s2 
Kunststoff 343 m/s2  251 51 – 1461 m/s2  
Barhuf 504 m/s2  219 163 – 1149 m/s2  

In der Tabelle 2 werden die Maximalbeschleunigungsamplituden in der Horizontalen dargestellt, die horizontalen Beschleunigungen stellen das Gleitverhalten der einzelnen Beschlagsvarianten dar. Das bedeutet, je niedriger der Beschleunigungswert ist, desto mehr gleitet der Huf auf Asphalt. Der paarweise Vergleich der drei unterschiedlichen Hufbeschläge zeigt, dass die Mittelwerte der maximalen horizontalen Beschleunigungen des Kunststoffhuf- beschlages verglichen mit den traditionellen Beschlägen wesentlich niedriger ist. Vergleicht man die bei Kunststoff auftretenden Maximalbeschleunigungen mit unbeschlagenen Hufen, so sind die auftretenden Maximalbeschleunigungen bei Kunststoff mit der Signifikanz von 0,002 immer noch deutlich geringer. Das bedeutet, dass bei Verwendung von Kunststoffhuf- beschlägen die am Huf auftretenden horizontalen Beschleunigungen deutlich niedriger sind als bei traditionellen hufeienbeschlagenen und unbeschlagenen Hufen.

Tabelle 2: Mittelwerte der Beschleunigungsamplituden in der Horizontalen

BeschlagMittelwertStandardabweichungWertebereich
Stahl  206 m/s2  7730 – 529 m/s2
Kunststoff 205 m/s2  63 
27 – 440 m/s2
Barhuf 202 m/s2  124 32 – 582 m/s2 

Diskussion der Ergebnisse

Nur wenige Untersuchungen an Pferden wurden mit Beschleunigungsaufnehmern durchge-führt, um den kinetischen Bewegungsablauf zu untersuchen. Die in Utrecht durchgeführte Untersuchung belegt, dass es möglich ist, die auftretenden Beschleunigungen an der Hornkapsel beim Auffußen während des Trabs sehr genau aufzuzeichnen. Die Gesundheits- schäden, verursacht durch ungedämpfte stoßartige Beanspruchung, könnten dann reduziert werden, wenn man auf Oberflächen reitet, die diese anfängliche stoßartige Beanspruchung es Hufes absorbiert. (BARREY et al., 1991, S. 106) Wenn man jedoch davon ausgehen muss, dass bei der Pferdenutzung in verschiedensten Bereichen nicht immer mit Bedingungen gerechnet werden kann, die für die Pferdegesundheit optimal sind, liegt der Gedanke nahe, das Stoßabsorptionsproblem über den Beschlag zu lösen. Das bedeutet, dass ein Kunststoffhufbeschlag sich gerade für Pferde eignet, die sich vermehrt auf harten und steinigen Böden bewegen. 
So liegt der Mittelwert der Maximalvertikalbeschleunigung beim mit Kunststoff beschlagenen Pferd auf Asphalt bei 343 m/s² (siehe Tab. 1). BARREY et al. (1991) ermittelte, dass ein auf Schotter trabendes, mit Eisen beschlagenes Pferd eine Beschleunigung von 372 m/s² auf die Hornkapsel erfährt. Das heißt, dass der verwendete Kunststoffhufbeschlag die am Huf auftretenden Beschleunigungen reduziert. Das mit Kunststoff beschlagene Pferd läuft somit auf Asphalt gleich komfortabel wie das mit Eisen beschlagene, auf dem doch weicheren Schottergeläuf trabende Pferd. (BARREY, 1991, S. 104-106) 
Dass die Wertdifferenz zwischen Kunststoff und Eisen sehr hoch sein würde, war zu erwarten. Was jedoch nicht erwartet wurde, ist die Tatsache, dass die Maximalbeschleunigungen beim unbeschlagenen Pferd höher liegen als bei den mit Kunststoff beschlagenen Pferden, wie im Vergleich der beiden Mittelwerte ersichtlich ist (siehe Tab. 1,2). 
So kann zu den Maximalbeschleunigungen in vertikaler Richtung (siehe Tab. 1) beurteilend festgestellt werden, dass der Eisenbeschlag die Belastungen auf die Gliedmaßen materialbedingt verstärkt. Der Kunststoffhufbeschlag hingegen absorbiert die beim Lauf auftretenden Stöße noch besser als ein unbeschlagenes, d.h. ein in seinem natürlichen Zustand befindliches Pferd. 
Die Ergebnisse in der Horizontalrichtung zeigen noch einen deutlicheren Unterschied zwischen den einzelnen Beschlagsvarianten (siehe Tab. 2). Die Horizontalbeschleunigung stellt im Prinzip das Gleitverhalten der verschiedenen Beschläge auf Asphalt dar. Wie aus der Tabelle 2 ersichtlich, liegen der Barhuf und er Eisenbeschlag wertmäßig gleich, d.h. auch das Gleitverhalten ist beim frisch mit Eisen beschlagenen Pferd nahezu identisch zum Barhuf. Der verwendete Kunststoffhufbeschlag gleitet kurz nach dem Beschlag auf Asphalt mehr als die beiden anderen Varianten. Es wird angenommen, dass dieser doch gravierende Unterschied beim Kunststoffhufbeschlag auf die spritzgusstechnisch nicht zu vermeidende Spritzhaut zurückzuführen ist, die nach kurzer Zeit jedoch abgelaufen ist. Beim Eisenbeschlag ist zu vermuten, dass kurz nach dem Beschlag das Pferd nur auf den über den Beschlag überstehen-den Nägeln läuft. Durch die so auftretende starke Punktbelastung gleitet der Huf weniger, als dies nach dem Ablaufen der Nägel der Fall wäre. Speziell für diesen Bereich sollen die Unter-suchungen in Utrecht noch fortgesetzt werden, um die an gestellten Überlegungen zu bestätigen oder zu widerlegen.
Die Gesundheitsschäden, verursacht durch die ungedämpfte stoßartige Beanspruchung, könnten verringert werden, wenn man einen Hufbeschlag wählt, der diese anfängliche stoßartige Beanspruchung des Hufes absorbiert. Wenn man die in der Studie ermittelten Ergebnisse mit den Erkenntnissen aus Laufschuhtests in der Humanmedizin vergleicht (ERSSON,1996, S.1), so ermöglicht die Dämpfung des Hufaufpralls mit einem elastischen Hufbeschlag und eine weiche Bahnoberfläche die Reduktion von Gesundheitsschäden. Auch könnten dadurch orthopädische Schäden durch Überbelastung der Hufbeine vermieden oder eingeschränkt werden. (BENOIT et al., 1993, S. 113)
Aus diesem Grund findet der Kunststoffhufbeschlag vermehrt Einsatz bei Distanz- und Fahr- pferden, die nutzungsbedingt viel Asphalt als Geläuf vorfinden. Diese Gruppe von Sportpferden kann somit die materialbedingten Vorteile des Kunststoffhufbeschlages am besten nutzen. Auch Pferde, die bereits unter gesundheitlichen Beeinträchtigungen stehen wie Arthrosen und andere Gelenkerkrankungen, können von der beschriebenen Stoßdämpfung profitieren und so ihre Reitnutzung erhalten. Pferde, die meist auf weichen Untergründen bewegt werden, können die dämpfende Wirkung des Kunststoffs kaum nutzen. Für sie ist lediglich das geringere Gewicht ein Faktor, der sich positiv auf den Bewegungsapparat auswirkt. 
Die in Utrecht durchgeführte Studie zeigt, dass der verwendete Kunststoffhufbeschlag auftretende Stöße an der Hornkapsel reduziert. Es kann somit vermutet werden, dass bei der Verwendung eines Kunststoffhufbeschlages der Bewegungsapparat geschont und somit eine längere beschwerdefreie Nutzung des Pferdes wahrscheinlicher wird.

Wer es noch genauer nachlesen möchte und auch das dazugehörige Bildmateriel sehen möchte, der sollte die „DISTANZ AKTUELL“, Ausgabe III/2003, Seite 28-29 lesen, wo dieser Sachverhalt ungekürzt zu lesen ist. 

Professionelle Reiter!?

Vorwort

Dieser Artikel ist im Jahre 2000 erschienen. Die Problematik also weder neu, noch eine ‚Zeiterscheinung‘!

Auch ein Quali-System, wie es momentan im Gespräch ist, schützt nicht vor krankem Ergeiz und Geldgeilheit!

Deswegen, und nur deswegen, weil wir mit dem, was sich in der Disztanzreiterszene mittlerweile abspielt, haben wir uns genötigt gesehen, nachfolgenden Artikel, geschrieben von einem ehemaligem Weltspitzen-Reiter, aus der ‚Klamottenkiste‘ rauszuholen.

Nachdenken und Schlüsse ziehen muß der Leser jedoch selber…

Ist es möglich, 160 km mit mehr als 21 km/h zu reiten? 

Von Sergio Tommasi und Lara Rigato (Italien) [aus Distanz Aktuell]

Vor etlichen Jahren bekamen wir ein amerikanisches Buch über Distanzreiten in die Hände. Es war 1993- und wir waren gerade in den Sport eingestiegen. Wir waren von diesem Buch sehr beeindruckt, in dessen Vorwort ungefähr dieses stand: „Dieses Buch ist den Pferden gewidmet, die am 13. Juni 1987 beim Catoosa-„Selbstmord“-Rennen in Oklahoma starben, durch die Unwissenheit ihrer Reiter. Möge nie wieder ein Pferd so leiden müssen wie diese.“ (America’s Long Distance Challenge von Karen Paulo). 
Einige Jahre sind seither vergangen, aber es scheint, dass niemand diese Worte je gelesen hat. Viele weitere Pferde sind bei Distanzrennen gestorben, für manche wäre der Tod so und so gekommen, bei vielen anderen war es die Schuld ihrer Reiter. 
Der Hauptgrund für diesen „Genocid“ ist die Geschwindigkeit, in der diese Rennen geritten werden. Wenn man ein Pferd über seine Grenzen hinaus treibt, kann seine Bereitwilligkeit zum Tod führen, bevor wir merken, was passiert. Wir sprechen über bestens trainierte Pferde, die so sorgfältig vorbereitet wurden, wie man das mit einem Auto für ein Formel-I-Rennen machen würde. Bei diesen Ritten wird nichts dem Zufall überlassen. 
Bei einem Hundertmeiler, der kürzlich stattfand, dessen Punkte für den Weltcup zählten (mit einem Preisgeld von US$ 400.000), erreichte der Sieger das Ziel nach 7:49 h mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von mehr als 21 km/h. Das ist wahrscheinlich ein neuer Weltrekord. Jeder, der schon an Distanzrennen teilgenommen hat, wird verstehen, was es bedeutet, einen so hohen Durchschnitt zu halten. 
Wenn man einrechnet, dass man zwischendurch auch stehen bleibt, um das Pferd trinken zu lassen, so bedeutet das, dass man teilweise über 30 km/h reiten muß. Wenn man dann noch bedenkt, dass die Pferde zu Beginn des Rennens noch frisch sind und ihre Leistung während des Rittes nachlässt, dann erreicht man teilweise sogar 40 km/h. Fast wie auf der Rennbahn … Nur dass sie nicht auf einer Rennbahn sind und die zurückgelegte Strecke 100 Meilen beträgt. 
Wie ist das möglich? Beachten wir einige Punkte. 1986 gewann Cassandra Schuler mit „Shikos Omar“ die WM in Rom in 10:50:30 h, 1988 gewann Becky Hart mit ihrem legendären „R. O. Grand Sultan (Rio)“ die WM in Fort Valley, Virginia, in 12:51:11 h. 1990 war es wieder Becky Hart, noch immer mit „Rio“, in Stockholm, einer großteils flachen Strecke, in 10:33:29 h. Jetzt ist die Zeit, mit der man einen Hundertmeiler gewinnen kann, um 3 Stunden kürzer geworden. Hart würde jetzt wohl unter den letzten sein. Heißt das, dass wir noch besser werden können? 
Es ist ihre Entscheidung. Es gibt zwei Möglichkeiten. Wir haben viele Artikel in Spezialmagazinen und im Internet über das Training von Distanzpferden geschrieben und darüber, wie wir es machen. Wir reiten kurze Trainingsstrecken jeden zweiten Tag und einen langen Ritt am Wochenende. Dazu machen wir ein bisschen Dressurarbeit, und wir achten besonders auf den Boden und die Entwicklung unserer Pferde. Die Weltklassereiterin Valerie Kanavy hat uns vor etlichen Jahren ein Pferd verkauft. Wir haben sie gefragt, ob sie ein besonders wirkungsvolles Trainingssystem gibt (1993, als sie noch nicht Weltmeisterin war). Mit Verstand und Instinkt passten wir unseren Trainingsprozess jedem Pferd einzeln an, entsprechend seinen Bedürfnissen, Stärken, vor allem mit der größten Sorge um seine Beine. Wir arbeiteten konsequent und erzielten gute Ergebnisse mit mehreren Pferden. Das ist es, was uns „gut bekannt“ machte und der Grund, warum viele Leute mit uns über ihre Probleme und ihre Pläne reden. Wir waren immer sehr offen und haben nie ein Geheimnis daraus gemacht, wie wir mit unseren Pferden arbeiten. 
Dennoch – jetzt sind wir an eine Grenze gelangt. Wir haben nicht die Nerven, sie zu überspringen. Obwohl wir gute Pferde haben, haben wir nicht das Herz, sie aufzufordern, so schnell zu laufen. Das Risiko ist zu hoch. Wenn ein Pferd zu solchen Geschwindigkeiten aufgefordert wird, halten seine Beine nur eine bestimmte Zahl von Saisons. Es scheint aber, dass dies vielen Reitern egal ist und für sie nur zählt, als erster im Ziel zu sein. Wenn alles gut geht, können sie ihr Pferd gut verkaufen und mit dem Geld andere Pferde kaufen …
Um Pferde auf dieses Niveau zu bringen, muß man jeden Tag trainieren. Der Sieger des letzten Weltcup-Rennens sagte, dass er sein Pferd bis zu drei mal am Tag trainiert (jawohl dasselbe Pferd!). Es erübrigt sich, zu sagen, dass alle unsere Theorien und Konzepte der Fürsorge für unsere Pferde damit über Bord geworden werden. Diese Arte von Training bedingt die Bereitstellung von viel mehr Energie, daher einen geänderten Futterplan, der dem eines Rennpferdes nahe kommt. 
Jeder, der schon mal ein Bild von „Rio“ gesehen hat, wird bemerkt haben, wie anders er aussieht im Vergleich zu den heutigen Siegern. „Rio“ ist kurz, mittelgroß, mit einer sehr tiefen Brust. Heutzutage neigen Distanzpferde dazu, immer mehr dem Rennpferdetyp zu entsprechen, lange Beine, langer Körper, groß und aerodynamisch. Manche Leute reiten den Angloaraber, wie er Sieger der EM in Portugal einer war. 
Aber gehen wir zurück zum ursprünglichen Thema und zu den Pferden, die gestorben sind. Es geht das Gerücht, dass auf etlichen Ritten, die in heißen Ländern stattfanden, mehrere Pferde eingegangen sind. Es wird berichtet, dass Pferde buchstäblich zu Boden fielen während des Rittes. Ambulanzfahrzeuge fuhren hin und her, in dem Versuch, so viele wie möglich zu retten. Diejenigen, die überlebten, sind gezeichnet für ihr restliches Leben, und einige werden nie wieder ein Rennen laufen. Wir möchten uns nicht vorstellen, wie ihre Tage beendet werden. Tierärzte haben manchen Tod verschleiert mit kreativen Diagnosen wie Herzinsuffizienz, wovon niemand, nicht einmal der Reiter selbst, etwas wusste. Wir können uns schlecht vorstellen, dass jemand, der an solchen Ritten teilnimmt, nicht die nötig Erfahrung hat, seines Pferdes Zustand zu erkennen und zu verstehen. 
Dennoch – die Tierärzte darf man nicht anklagen. Es ist nicht ihre Schuld, wenn ein Pferd im Vet Gate in Ordnung ist, und in der nächsten Etappe bricht es zusammen. Das Pferd wird durch seinen Reiter geführt, der merken sollte, wenn etwas schief läuft und das Tempo drosseln sollte. Ein Pferd wird uns nicht sagen, dass es kurz vorm Sterben ist. Sein Instinkt, in der Herde zu bleiben, wird dazu führen, dass es bei den anderen bleibt bis es nicht mehr geht. Dieser Typ Reiter glaubt offenbar, wenn alles gut geht, kann das Pferd verkauft werden, man kauft ein neues und probiert wieder. 
In der Hoffnung, dass neue Staaten Geld in diesen armen Sport einbringen und ihn zu seinem rechtmäßigen Platz bei der Olympiade führen, haben Europäer und Amerikaner gleichermaßen ihre besten Pferde und ihre Erfahrung angeboten, sie in die Ritte einbezogen und ihnen damit zu eigenen Siegen verholfen – ungeachtet der Arroganz und Weigerung, die Regeln zu beachten. Diese Länder haben die WM, die EM und unzählige Ritte überall in der Welt gesponsert. Wer traut sich, aufzustehen und ihnen zu sagen: um einen Distanzritt zu reiten, muß man ein guter Reiter sein? Wer wagt es, ihnen zu sagen, dass Regeln beachtet werden müssen und dass es nett wäre, wenn sie sich die Zeit nähmen, an Siegerehrungen oder den Paraden vor einer Meisterschaft teilzunehmen, dass ein gutes Image nicht wehtun würde, dass man, wenn man in ein Vet Gate kommt, sich genauso um sein Pferd kümmern sollte, wie man das zu Hause im Training tut? Niemand traut sich. 
Mit ihrem Geld haben sie unsere Würde und unseren Stolz gekauft.
Wenn der Weg zu den Olympischen Spielen mit den Körpern von toten oder lahmen Pferden gepflastert ist, dann wollen wir nicht weiter gehen. Die FEI muß ihre Position überdenken: sie kann nicht alles aus der Hand geben, nur um eine ausgeglichene Bilanz zu erreichen. Wir haben nichts gegen die Teilnahme dieser Länder. Im Gegenteil, wir sind davon überzeugt, dass wir mit ihrer Hilfe diesen wundervollen Sport weiterentwickeln können. Aber die Regeln müssen sich ändern. So wie es jetzt ist, ruinieren die Durchschnittsgeschwindigkeiten die Beine unserer Pferde, und wir erreichen auch vom Stoffwechsel her ihr Limit. Wenn wir nicht mit „Wegwerf-Pferden“ Rennen reiten wollen, müssen wir die Geschwindigkeit reduzieren. Dafür gibt es zwei Möglichkeiten: entweder werden die Strecken technisch anspruchsvoller, oder wir senken die Pulswerte und die Zeit zum Vorstellen in den Vet Gates (beim Eldric-Meeting in London wurde dieses Thema schon angesprochen). 
Wenn uns ein Journalist fragt, wie man ein Pferd für 100 Meilen vorbereitet, möchten wir gar nicht antworten. Vielleicht sind wir altmodisch und lieben unsere Pferde zu sehr. Wenn wir jemanden zum Sieg führen wollten, würden wir beschreiben, wie man einem Pferd wehtut, und das können wir uns nicht leisten. 

Sergio und Lara

Apropos Heu…

Heu ist Heu…

…oder doch nicht?

Da Eckos eine Heuallergie hatte, haben wir uns mit dem Thema Heu intensiver beschäftigt. Dabei haben wir einiges an Erfahrungen gemacht…

Aber zunächst mal die normale Version…

Normale Version

Wiese wird gemäht, Gras liegengelassen, getrocknet, eingesammelt, zu Büscheln gepresst und auf den Heuboden gestapelt. Bei Bedarf wird es runtergeworfen und verfüttert…

Yep… so war das schon immer…

…aber – fahren sie heute noch gern einen 63er NSU Prinz? Oder spannen sie gar den Landauer an, wenn sie in die Stadt wollen?
Nein? Siehe da, aber ihr Umgang mit Heu, der geht beharrlich an sämtlichen Erkenntnissen der Neuzeit vorbei…

Wir haben festgestellt, daß eine Symbiose aus modernen Untersuchungsmethoden und wiedererlangtem (verlorenem) traditionellem Wissen durchaus zu guten Erfolgen führen kann.

Ach ja, vieles kann man schon mit der eigenen Nase bemerken und ein richtiger Heuboden ist weder schwül noch zu warm!

Was geht denn so alles schief?

Naja, daß es Heu beim Trockenprozess nicht anregnen soll, ist hinlänglich bekannt. Das alleine ist aber zu einfach!

Wir fangen mal beim Mähen an…

Da wird das Mähwerk auf die tiefste Stufe gestellt, gerade so „30mm über Grund“ und dann drauflosgefahren. Schön, man gewinnt ein paar Büschel zusätzlich, aber was passiert denn da wirklich?

  1. Mit ihrem Heu: Nunja, durch die tiefe Stellung des Mähwerks wird mehr Staub aufgewirbelt, den sie ins Heu bekommen und mit verfüttern. Sehen können sie es auch gut an ihrem Heuboden: Fast alles, was im Frühjahr so an Staub auf dem Boden liegt, kommt daher! Das ist aber nur ein Teil davon, den anderen Teil haben ihre Lieblinge schon mitgefressen…
  2. Mit ihrer Wiese: Je kürzer die geschnitten wird, umso weniger Schatten machen die Stoppeln auf dem Boden. Dadurch trocknet dieser schneller aus. In Folge davon wird die Wasseraufnahmefähigkeit des Bodens negativ beeinträchtigt. Der Boden nimmt also schlechter Wasser auf und es erhöht sich folglich die Erosion! Sie machen also langfristig auch ihre Wiese schlechter!
  3. Mit ihren Gerätschaften: Die Standzeit des Mähwerks nimmt ab und auch der Knüpfer in der Ballenpresse wird durch den feinen Staub wie mit einer Polierpaste geschliffen. Der Verschleiß erhöht sich.

Fazit 1: Lieber 8 cm stehen lassen, nicht zu kurz schneiden!

Jaja, ich weiß, es ist nicht ihre Wiese…

…und nicht ihr Maschinenpark!
Mag ja sein, aber die Geschichte ist noch nicht zu Ende… 

…und machen wir beim Trocknen weiter…

Trocknen, trocknen… ist doch ganz einfach:
Kein Regen = trockenes Heu!
Leider nicht ganz, das Trocknen hat ja mehrere Hintergründe:

  1. Es gibt während des Trocknens gewisse Umwandlungen im Gras, was bedeutet, daß Heu nicht nur trockenes Gras ist, sondern sich zu einem anderen Stoff mit anderen Eigenschaften verändert! 
    Ich sags nochmal: Heu ist kein trockenes Gras, sondern getrocknetes Gras (mit anderen Eigenschaften).
    Wenn man sich jetzt bewußt wird, daß also Gras einen bakteriologischen Prozess durchmacht, dann kann man eine gewisse Empfindlichkeit dieser Prozesse in Bezug auf äußere Einflüsse leicht nachvollziehen!
  2. Während des Trocknens bekommt Heu nicht nur von eventuellem Regen Feuchtigkeit, aondern auch direkt aus der Umgebung. Hat jetzt eine Bodenoberfläche einen gewissen Feuchtigkeitsgehalt, so wird dieser an die Luft abgegeben. Schön! Das passiert auch unterhalb unseres trocknenden Heus! Also bildet sich zwischen unserem liegendem Heu und dem Boden ein feuchtes Mikroklima. Hat man nun noch sehr kurz geschnitten, liegt das Heu dem Boden sehr nahe und kann schlecht durchlüften. Somit wird das Heu, das wir trocknen wollen, ständig von unten mit Feuchtigkeit beaufschlagt. Das können wir prinzipiell zwar nicht ändern, aber wenn sie nicht so kurz geschnitten haben (8 cm stehen lassen, sieh auch etwas weiter oben…), dann kann dort die Luft besser zirkulieren und es wird größtenteils dieses ungute Mikroklima verhindert. Die Gefahr von Pilzbefall wäre damit erheblich gemindert.
  3. Wenn sie glauben, das Heu sei trocken, dann ist es noch lange nicht trocken! Wie sonst könnte es sein, daß viele Leute ihr Heu mit Restfeuchten von weit über zu 13% einfahren. Der Heuboden wird warm, die Feuchtigkeit arbeitet, das Klima auf dem Heuboden ist „tropisch“, der Pilzbefall, wenn auch nicht sichtbar, jedoch unausweichlich! Unserer Erfahrung nach ist es im Sinne der Qualität lohnenswert, die Restfeuchte deutlich unter 13% zu bekommen! Sowas kann man messen. (Bis zu 7% haben wir selbst schon erreicht!) Übrigens: Die Genauigkeit der alten „Handdrehprobe“ ist ungefahr die, als wenn man einen Kalender als Eieruhr benutzt.
    • Auch wenn moderne Verfahren fast alles ermöglichen, wir haben keine Milchwirtschaft mit 120 Milchkühen, sondern Hochleistungstiere, die durchaus im Einzelfall mit ihrem Stoffwechsel bis an ihre biologischen Grenzen vorstoßen können. Da kann man nicht alles, was einer Kuh problemlos gereicht, um gute und viel Milch zu erzeugen, auch einem Pferd hinwerfen. 
    • Außerdem sollte man sich mal ansehen, was alles noch zusätzlich in der Milchwirtschaft an Futteradditiven verwendet wird.
    • Darüber hinaus: Nasses Heu bleibt nasses Heu, auch wenn die heutigen Verfahren die Gefahr für Haus und Hof minimieren, wird doch die Qualität trotzdem nicht so, wie das Pferde eigentlich brauchen!
    • Das mit den Futterzusätzen ist wie mit ESP und ABS bei Autos: Damit überspielt man zwar grundsätzliche Schwächen und Fehler, verhindert diese aber nicht!
  4. Wenn man angeregnetes Heu hat, sollte man es lieber erst anderweitig unterstellen und auf Pilzbefall untersuchen lassen, bevor man sich die Arbeit macht, vereuchtes Heu zu gutem stapeln und letztendlich auch noch zu verfüttern. Viele Pferde reagieren mehr oder weniger stark auf Pilzbefall im Futter, aber eine Diagnose, die auf Pilzbefall im Futter hindeutet, wird ein Tierarzt in den seltensten Fällen stellen. (Das müssen sie ganz alleine rausfinden und mancher einer kennt diese mögliche Ursache nicht einmal)
  5. Selbst wir haben Heu, das nach dem Augenschein vollkommen in Ordnung und gut war, schon beiseite getan, weil es Pilzbefall hatte. Sehen konnten auch wir das nicht, aber auf Grund der Umstände (Historie dieser Charge) war ein Pilzbefall warscheinlich. Bitte nicht falsch verstehen: Jeder normale Mensch hätte dieses Heu ohne einen bösen Gedanken verfüttert, weil es wirklich toll aussah. Umgekehrt hatten wir auch schon Chargen, die nicht so doll aussahen, jedoch trotzdem rundherund in Ordnung waren und jeder Untersuchung standhielten

Fazit 2: Die Dinge sind nicht immer so, wie sie scheinen. Lieber einmal zuviel prüfen lassen. Vor allem am Anfang, bis man etwas Gefühl für die biologischen Mechanismen entwickelt hat. 

…um’s dann einzufahren!

Wie sie ihr Heu stapeln oder ordnen, ist ihre Sache, das muss jeder selbst regeln, aber wir haben uns etwas anderes angeeignet:

  1. Bis in die dreißiger Jahre des letzten Jahrhunderts war es durchaus üblich, sein Heu einzusalzen! Dies machen wir auch heute noch. Das Einsalzen ist zwar schon seit 70 Jahren aus den Lehrbüchern verschwunden, weil man dies in unserer hully-gully-super-turbo-automatisierten Welt anscheinend nicht mehr braucht, aber geschadet hat es doch nicht. Und ob ich nun das Salz separat füttere oder mitfüttere ist vom Tier aus gesehen egal. Salz hat aber in manchen Punkten eine hemmende Wirkung und verhindert so manches Problemchen im Heustock…
  2. Da wir im Vorfeld versuchen sehr sauber zu arbeiten, ist unser Heuboden weder stickig, noch feucht oder staubig! Im Gegenteil, bei uns ist en wohlriechend und klimatisch angenehm. Man kann sich dort aufhalten, ohne gleich wieder runterzuwollen.
  3. Selbst Heu vom Vorjahr fällt bei uns beim Öffnen des Ballens fast locker auseinander und riecht auch für menschliche Begriffe gut. Da ist nichts verbacken oder zusammengeklebt. Auch hatten wir noch nie „kochende“ Ballen, wie ich sie anderenorts schon gesehen habe. Die mag man nach dem Öffnen gar nicht richtig anfassen, weil sie heiß sind. (Ursachen dafür liegen im weiter oben gesagten) 

Fazit 3: Wenn dein Heu so gut riecht, daß man selbst reinbeißen möchte und so wohlriechend is, daß man nach einer Nase voll die Wiese vor sich sieht, dann dürfte es auch gut genug für deine Pferde sein! 

Gesamtfazit

Seitdem wir uns diese Zusammenhänge alle bewußt gemacht hatten und versuchen umzusetzen (was auch uns nicht immer ganz gelingt), sind bei unserem Tierbestand die „unerklärlichen“ Erkrankungen nahezu verschwunden. 
Zu dem Nebeneffekt, daß unsere Pferde gutes Futter erhalten kommt noch, daß unsere Tierarztrechnungen seitdem billiger geworden sind!

Außerdem haben wir festgestellt, daß der (per Untersuchung festgestellte) Energiegehalt unseres Heus überdurchschnittlich gut ist und sich auch überdurchschnittlich lange hält! Das sollte doch auch ihnen einen oder zwei Gedanken wert sein? 

Noch ein paar erläuternde Worte zum Schluß…

Warum schreibt der Hausmeister, seines Zeichens reitmäßiger Nullinger etwas über’s Heu?

Das kam so:

Da ich öfters auf der Ranch bin, kenne ich so ziemlich jede Tätigkeit hier am Hof. Begleitet habe Dietmar bei schon fast allen Tätigkeiten. Wenn ihr also mal Dietmar schuften seht und so’n dicker Typ mit beiden Händen in der Hosentasche steht daneben, dann bin das ich!
So, aber nu weiter: Dietmar und ich haben schon oft über’s Futter, Heu, Lagerung etc. gesprochen. Auch auf dem Heuboden war ich schon öfters. Vor allem: Ich kenne auch andere Heuböden und weiß, wie die aussehen und riechen, kurz, wie wohl man sich dort körperlich fühlt. Und dann nimmt man Platz und läßt sich Zusammenhänge erklären. Ich als Techniker muß in vielen Belangen in ja/nein oder schwarz/weiß denken. Dietmar machte mir erstmal klar, daß auch entschiedenes „vielleicht“ durchaus geduldet werden kann. So, wie etwas immer noch besser sein kann, so kann auch etwas immer noch schlechter sein. „Und selbst wenn Du im Keller sitzt, es gibt mit Garantie noch ein Stockwerk unter dir!“

Jedenfalls kam ich auf die Idee, unsere Diskussion und Erfahrungsaustausch auch der restlichen Welt zugänglich zu machen. Erstmal, um zu zeigen, daß die Addition einiger kleiner belangloser Effekte durchaus eine destruktive Wechselwirkung erzeugen kann. Ein Punkt alleine macht das Kraut nicht fett, aber die mit wachsender Routine zunehmende Gewöhnung an gewisse Tatsachen lassen einen das Bewusstsein daran verlieren und irgendwann erscheint sogar die eigentliche Ausnahme als normal.

Ich möchte diesen Artikel auch nicht als der Weisheit letzter Schluß stehen lassen, viel mehr denke ich daran, daß sich der eine oder andere hinreissen lässt, sich selbst einmal zu hinterfragen. Vieleicht stellt man ja fest, wie toll man das selber macht, vieleicht aber auch bekommt man hier einen Ansatzpunkt geboten, wie man sich selbst verbessern kann.

Wie gesagt, es führen viele Wege nach Rom, aber dieser hier ist geprüft und gangbar…

Der Hausmeister