Hinweis: Von dieser Reise gibt es ein wunderbares einstündiges DVD-Video. Wenn man Dietmar freundlich fragt, könnte ich mir vorstellen, dass man eine Kopie davon bekommt.
Atlantik, wir kommen – einmal mit den eigenen Pferden im großen Ozean: Ein Traum ging in Erfüllung!
Größtes Reitertreffen Europas in Frankreich
Zu allererst einige Hintergrundinfos zum Equirando :
Das alle zwei Jahre in wechselnden Departements in Frankreich stattfindende Equirando ist eines der größten Wanderreittreffen Europas. Organisiert wird dieses Treffen vom Comité National de Tourisme Equestre de la Féderation Française d’ Equitation (Nationale Wanderreitvereinigung Frankreichs). Jeder Teilnehmer startet mit seinem Pferd, seinem Esel oder Muli, geritten oder gefahren, wann und wo er will. Einzige Voraussetzung ist, dass mindestens 100 km auf dem Pferd, Esel, Muli oder per Kutsche bis zum zentralen Veranstaltungsort zurückgelegt werden. Alle Reiter und Fahrer treffen sich dann für 3 Festtage auf einem Festgelände um dort zu feiern, ihre Wanderreiterfahrungen und Eindrücke von Land und Leuten auszutauschen.
Höhepunkt des diesjährigen Equirandos waren die Festtage vom 25. bis 27. Juli 2008 in Châteaubriant, Region Pays de la Loire, Westfrankreich mit 800 Pferden, Eseln u. Mulis und 1200 Reitern und Betreuern aus 6 europäischen Ländern. Selbst bei der zeitgleich in Offenburg stattfindenden Eurocheval (eine der größten Pferdemessen Deutschlands) konnten nur gut 150 Wanderreiter begrüßt werden.
Am Freitag, den 18. Juli 2008 machten wir uns gegen Mitternacht endlich mit unseren drei Trabern Nikolas, Gyula und Eckos auf den Weg nach Frankreich. Wir hatten die Abfahrt nämlich schon um knapp zwei Tage nach hinten verschieben müssen, da unser Camion – die „blaue Elise“ – noch einige sozusagen etwas unfertige Stellen gehabt hatte. Dies betraf den Aufbau für den Pferdekoffer, der von Dietmar selbst konzipiert und realisiert wurde. Doch der Arbeitsaufwand war größer als vorher gedacht und so kam es bei uns zu einigen Nacht – und Nebelaktionen, um den Fahrraum für unsere Vierbeiner mit vereinten Kräften fertigzustellen. – An dieser Stelle ist auch ein großes Dankeschön an unseren Falti auszusprechen, ohne den wir wahrscheinlich heute noch mit dem „Feintuning“ unserer Elise beschäftigt wären 🙂 ! – Überhaupt hatten wir uns bei der Planung unseres ersten Equirandos, an dem wir als Reiter teilnahmen öfter etwas verplant … So war die Strecke nach Frankreich, genauer gesagt einmal quer durch Frankreich bis zum Atlantik, in Wirklichkeit länger als gedacht und in den zwei Tagen, die wir für die Anfahrt gedacht hatten war somit fahren, fahren und noch mal fahren angesagt. Zwei mal 12 Stunden mussten Dietmar und Christine hinterm Lenkrad sitzen und unsere Pferde in ihren „Abteilen“ stehen.
Aber alle Anstrengungen sollten bald darauf entschädigt werden. In unserem ersten Quartier stand am selbigen Tag noch ein Ritt zum Atlantischen Ozean auf der Tagesordnung, der gleichzeitig auch einen der Höhepunkte unseres Frankreichabenteuers darstellte. Denn in den folgenden sechs Reittagen waren zwar schöne Strecken geplant, doch diese entpuppten sich in Wirklichkeit als wahre Horroretappen; entweder waren Wege vorhanden, die jedoch nach ein paar Kilometern einfach aufhörten, oder es waren überhaupt keine Wege vorhanden, oder (und dies war am häufigsten anzutreffen) die Wege und Durchgänge waren von „clôtures“, also Zäunen jeglicher Art versperrt. Dies ging sogar soweit, dass ganze Wälder umzäumt oder sogar ummauert wurden und mit dem Schild „Fôret privée“ Unbefugten den Zugang verwährten. Uns blieb demnach meist nichts anderes übrig, als anstatt auf idyllischen, grünen Wald- und Wiesenwegen zu gehen, die Teer- oder sogar Nationalstraßen nehmen zu müssen… mit einer Kutsche kein Problem, aber zum Wanderreiten unmöglich! Gott sei Dank hatten wir unsere beiden Betreuer Rainer und Monika dabei, die uns in allen möglichen Situationen bei Seite standen. Und dies war wirklich ein Ganztagesjob: sie brachten unsere Elise immer zu den nächsten Übernachtungsstationen, versorgten uns vorzüglich nach langen Ritten oder Restaurantfehlgriffen 🙂 mit Baguette, Käse und Wein, holten uns bei durch zu viele Umgehungen zu lang gewordenen Ritten auf halber Strecke ab und besorgten uns sogar Ersatzmaterial für Reparaturen an der Blauen Elise. Vielen Dank für euere tolle Unterstützung!
So schrecklich unsere Reitetappen auch waren, so wunderschön waren dafür unsere Gîtes d’Etapes, in denen wir dann nach den anstrengenden Tagen immer wieder Erholung für uns und die Pferde fanden. In diesem Gebiet wäre es besser gewesen, nicht von Station zu Station zu reiten, sondern um die Stationen herum schöne Touren auszusuchen… denn ein paar wirklich reizvolle Flecken wie z.B. den Naturpark „parc de le Brière“ mit seinen in grüner Schilflandschaft eingebetteten Wasserwegen oder kleine urige Dörfer mit landestypischen Natursteinhäusern hätte es ja gegeben, nur die lagen leider höchstens nur einen kleinen Augenblick auf unserer Route! Aber im Nachhinein ist man immer schlauer und so schafften wir es dann, an unserem letzten wirklichen Reittag das geplante Programm ( 40km, die mit nicht einkalkulierten Umwegen leicht zu 50-60km hätten werden können) über Bord zu werfen und spontan eine schöne neue Route zu finden, die dann die vorhergegangenen Unannehmlichkeiten wiedergutmachte. Es ging durch einen abenteuerlichen und schmalen Waldpfad bergauf bergab, dann an großen Weizenfeldern vorbei und durch Flussläufe über Schlösser und verwachsene Ruinen.
Am Abend dieses Tages fuhren wir auf das Nationalgestüt „Le Haras nationaux“ in Issé, wo sich alle Wanderreiter trafen, die aus westlicher Richtung zum Equirando unterwegs waren. Eine Nacht später ging es dann mit bayerischer Fahne schon auf nach Châteaubriant. Aus allen Richtungen trafen die Reiter und Kutschfahrer dort ein, so dass die Tierärztin, die für die anfängliche Kontrolluntersuchung ganz alleine für 800 Tiere zuständig war, eine ganze Menge zu tun hatte. Aber in der Wartezeit trafen wir in dem Drunter und Drüber von Reitern, Betreuern, Pferden und Eseln auch schon alte Bekannte, die wir im Equirando in Saverne 2006 oder bei Mario kennengelernt hatten, was uns unheimlich freute. Und dies sollten nicht die einzigen gewesen sein. Während des gesamten Wochenendes stießen wir immer wieder auf bekannte Gesichter und lernten eine Menge neuer Leute kennen. Das Equirando bot ein großes Programm, das von Trecks und Parcouren für Reiter und Kutschfahrer über Reitvorführungen und Ponyzirkus bis hin zum Galadinner und Tanzabenden reichte und für uns im großen Umzug, der am Samstag Nachmittag stattfand und an dem alle Teilnehmer mit von der Partie waren gipfelte. Unsere Pferde machten sich in der ungewohnten Situation und dem aufregenden Tumult wie erwartet sehr gut und trugen uns mit der bayrischen Flagge und den Farben der Rötelbergranch würdig durch den ca. 2 Stunden dauernden Umzug, der durch die historische Altstadt und am Schloss von Châteaubriant vorbeiführte. Die nach Ländern aufgestellten Teams wurden im Stadtzentrum einzeln genannt. Neben den aus zahlreichen französischen Departements stammenden Gruppen, nahmen zudem welche aus Belgien, Deutschland, England, Holland, der Schweiz und Spanien teil. Deutschland war vertreten durch insgesamt 13 Reiter: eine Equipe stammte mit acht Reitern aus Rheinland-Pfalz, eine mit zwei Reiterinnen aus dem Saarland und eine mit drei Reitern aus Bayern, eben wir drei Rötelberger und unsere Pferde. Nachdem uns der Umzugssprecher sogar separat als bayerische Equipe vorstellte, ernteten wir sowohl von den einheimischen Zuschauern, als auch später mit Jagdhornbläsern auf dem am Abend stattfindenden Galadinner anerkennenden Applaus. Insgesamt sehen wir sehr positiv und voller neuer Visionen für die folgenden Jahre auf das Equirando zurück, in dem wir uns und auch unsere Pferde auf die Probe gestellt haben, die in jeder Hinsicht erfüllt wurde und auf noch viele weiter Frankreichabenteuer hoffen lässt!