Quo vadis, Wanderreiten?

Ja wo laufen Sie denn…?
(Eine Glosse zum 1. europäischen Wanderreitsymposium in Prüm/Eifel)

Hinweis: Diese Glosse schildert meine subjektiven Eindrücke. Niemand ist gezwungen das Folgende zu lesen. Falls natürlich nach der Lektüre des folgenden Textes, der eine oder andere aufwacht oder sich etwas ergeben sollte, dann freue ich mich königlich!
Dietmar Holzenbecher (sockE)

Wanderreiten

Ein Begriff der bei vielen Pferdefreunden Emotionen weckt. Freiheit, weite Landschaften, dein Partner Pferd, Gleichgesinnte – all das und vieles mehr erscheint vor meinem geistigen Auge.
Die Ernüchterung folgt auf dem Fuß: Prüm
Ja, dieses Provinzstädtchen in der Eifel wird für mich in Zukunft als ein Synonym für Bürokratie, Unwissenheit, Kleingeisterei und Besserwisserei stehen.

Eigentlich ein Skandal…

 Ein Turnierrichter und erfahrener Vielseitigkeitsreiter beginnt den Reigen des Schreckens. Wie nicht anders gewohnt, versucht er gebetsmühlenartig die Begriffe Losgelassenheit, Anlehnung, Spannung u.s.w. in absolut unlogischen und vielen Phrasen beinhaltenden Erklärungsversuchen dem anwesenden Publikum näherzubringen.
Als Untermauerung seines Vortrags, hat er eine Menge Beispiele parat. Das dabei das Prinzip der „wundersamen Vermehrung“ beschrieben wurde, war aber dann doch etwas skuril. Denn er behauptete, einen „Vielseitigkeitskollegen“ zu kennen, der das morgendliche Training der Muskeln der Hinterhand seines Pferdes derart gestallte, das er im Gelände einen Hang suche, sein Pferd mit der Hinterhand bergauf stelle – und eine Stunde seine mitgebrachte Zeitung lese! Also Muskeltraining in Stehen!
Wie ich meine eine excelente Trainingsmethode – volkommen ohne Sinn, der Tierquälerei mehr als nahe!
Aber das ist man ja von unseren Freunden aus der Turnierszene ja auch gewöhnt!
Das Beste: Nein kein Aufschrei, keine Palastrevolution – bestenfalls andächtiges nicken (schliefen die wohl alle?) von 150 (?!) „Wanderreitern“.
Tenor des ganzen von Herrn G. von Zetteln abgelesenen und via Beamer an die Wand geschmissenen (um beim Pferd zu bleiben) Mists: Leute, lernt (?) reiten, sonst könnt Ihr eure Pferde mit 15 Jahren zum Schlachter bringen!
Da hab ich doch noch eine Statistik im Kopf, das „Sportpferde“ (gibts die überhaupt?) kaum 8 Jahre alt werden.
Bei meinen Rötelbergern finde ich genügend Pferde mit weit über 20 Jahren, die sich immer noch bester Gesundheit erfreuen! Tja, Herr G. – wat nu?

Das sollte zu denken geben! 

Animateur zu Pferd! Kein Scherz – ja so stellen sich Leute, die von der Sache wahrlich nichts verstehen die Welt eines Wanderreiters vor. Und dann kommt es, mein persönliches Unwort des Jahres: „Qualifizierungsmaßnahme“
Das höre ich jetzt schon so lange Pferde meinen Lebensweg begleiten. Urkomisch dabei ist aber immer, das die Leute die mein „Wissensdefizit“ zurechtrücken wollen, eigentlich überhaupt keine Ahnung von dem haben über das sie referieren!
Diese Leute rekrutieren sich immer aus Lehrern, Unternehmensberatern, Beamten, Journalisten und sonstigen „Kennern der Szene“.
Und das Beste: Sie (er)kennen Pferde „rein optisch“ sogenannte Pferdekenner!!
… ist der Rasen schön grün!
Mein perönlicher Gipfel wird dann immer erreicht, wenn es um die Kosten solcher „Maßnahmen“ (allein für sich schon ein Unwort für mich!) geht! Hier ein paar Scheine, dort ein paar Scheine – Die deutsche Krankheit eben!!
Qualifiziert aber pleite oder je eingebildeter die Ausbildung desto ausgebildeter die Einbildung!
… eben viel bla bla und sonst nichts als heiße Luft!!!

Umweltschutz tut not 

Wie oft und in welchen verqueren Zusammenhängen höre ich das. Rauchen, Autofahren, Konsumieren – ja, ja ist ja schon gut, das kennt doch jetzt schon wohl jeder!
Aber in Bezug auf das Wanderreiten? – eine Granate!
Wieder sitzen 150 „Wanderreiter“ gebannt da. Ein einzelner wagt es und stellt unserer „wildentschlossenen Umweltschützerin“ die Frage, ob er denn sein Pferd an einer Wiese grasen lassen dürfe.
Wie von der Tante Ella (Tarantella) gestochen erwidert unsere grüne Furie ein entschiedenes „Nein“, mit der Begründung, er (das arme geistige Würstchen) habe wohl kaum die Kenntnis zu entscheiden, ob es sich bei einer Wiese um schützenswerte Pflanzen und Arten handele. Und überhaupt… wer schützt uns vor den Umweltschützern?
Quo vadis Wanderreiten!!!

Der Gipfel wird erklommen 

Über Verladetechniken und Verladetücken von Pferden zu referieren, ist immer eine spannende Sache. Jedoch vorab erst einmal eine Litanei an zweifelhaften Qualifikationen dem staunenden Publikum vor die Nase zu halten, scheint mir selbst für einen hessischen FN-Berufsgenossenschafts-Cowboy (Titel ergibt sich aus den verschiedenen Qualifikationen) eher als ein Zeichen für eine gewaltige Profilneurose.
Das nächste Fettnäpfchen erwischte unser Ersatz-John-Wayne (korrekt gekleidet mit Westernhemd und bewaffnet mit Bolotie) postwendend! Eine ganz dem Cavallo-Verhaltenscodex (schönen Gruß an Herrn Scholten) entsprechende Niederbügelei aller „Ausbildungsgurus“ stand nun auf seinem Programm.
Nun was hat das ganze ersteinmal mit Wanderreiten zu tun und ausserdem andere („die Gurus“) über einen Kanten zu scheren. Ein Monty Roberts hat mit Sicherheit mehr für uns Reiter getan, als die gesamte Armada an Berufsgenossenschaftsbütteln in ganz Deutschland!
Das schien mir dann der Gipfel der Erträglichkeiten zu sein. Mit diesem Vortrag der noch so harmlos mit dem Hängerverladen von Pferden begann, sich über Schimpftirraden gegenüber „den Gurus“ steigerte und letzendlich mit effekthascherischer Manier („Der Mann von der Humbug-Mülleimer…“) die Gefährlichkeit all unseres Tuns aufzeigte,(Originalzitat:“Sie haften immer mit ihrem Privatvermögen – und dann gibts halt Sozialhilfe.“)
unterstrich dieser Mann, das er von Pferden und dem Umgang mit diesen, der Wanderreiterei und allen angrenzenden Themen absolut keine Ahnung hat. Der Gipfel: er war erreicht!

Wanderreiten war das Thema 

Mit dem Titel „1. europäisches Wanderreitsyposium“ hatten wir uns 3 interessante Tage mit dem Thema Wandereiten vorgestellt. Dabei heraus kamen 3 Tage Informationen auf dem untersten Niveau über die Reiterei im allgemeinen. Nichts was man schon zigmal gehört und gelesen hätte.
Noch schlimmer: Die ganze Konzeptlosigkeit der FN und des VfD in Bezug auf dieses Thema. Es schien als wolle man nur neue Mitglieder in den Moloch FN locken.
Die einzige ehrliche Meinung war wohl dem Vortrag eines internationalen Reiter-Reisenanbieters zu entnehmen.
Dieser meinte frei heraus, falls sich die Situation für die Wander- und Freizeitreiter verschlechtern sollte, (Steuern, Reitrecht usw.) und viele daher Ihr Pferd aufgeben müßten, sei das für Ihn als Unternehmer wohl ein Glücksfall. Sein Geschäft werde mit diesen (pferdelosen) Leuten wohl weiter boomen!

Wo seid Ihr?

Warum ich mich so maßlos ärgere? Nun die Wanderreiterei verbindet im Gegensatz zu allen anderen Reit-(sport) arten die drei Hauptpunkte Pferd – Mensch – Natur. Ausserdem verlangt tatsächliche Wanderreiterei enormes Wissen über alle Belange des Pferdes.
Ob Beschlag, Sattel, Navigation oder Organisation, ob Lahmheit oder Satteldruck – alles aber auch alles, jede übersehene Kleinigkeit kann einen Wanderritt schnell beenden.
Daraus folgt derWanderreiter ist der Allrounder unter den Reitern, der Individualist, der Enthusiast.
Es wäre doch schade, wenn wir, weil wir eben keine starke Lobby haben, von Geschäftemachern der übelsten Sorte geschluckt werden.
Wehret den Anfängen! 

Dietmar Holzenbecher

PS.: Wanderreiter wo seid Ihr?

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