Ein ganz besonderes Ereigniss, das zwar leider schon hinter uns liegt, das wir aber gern auch mit euch teilen möchten: denn solch ein Wanderreittreffen gibt es in ganz Deutschland nicht! Also viel Spaß beim Lesen…
Tag 1
Die beiden Truppenmitglieder Nathalie und Corina standen wie abgemacht pünktlich um 5 Uhr morgens in Holzenbechers Küche. Das einzige, was zu sehen war, waren acht riesige Baguettes im kalten Licht der Neonröhre (Reiseproviant für 4 Leute). Es ließ sich jedoch noch ein weiteres Lebenszeichen in Form einer laufenden Dusche feststellen – und wie Nathalie und Corina vermuteten, widmete sich Dietmar seiner Körperpflege während Christine auf der Koppel ein letztes Mal die Pferde bewirtschaftete. Letztendlich verschob sich der Aufbruch dann von 5 auf 6.30 Uhr – typisch Holzenbechers J. Aber wäre ja egal gewesen, da wir an diesem Tag Zwischenstation auf der Pferdemesse Euro-cheval in Offenburg und anschließende Übernachtung bei unserem Elsässer Bekannten und lieb gewonnenen Freund Mario Bottos geplant hatten. Doch die Anreise zur Messe gestaltete sich wegen einiger Differenzen in der Rollenverteilung beim Autofahren komplizierter als gedacht. Deshalb kamen wir erst am späten Mittag mit leicht getrübter Stimmung an. Während wir diese besichtigten geisterte der fünfte Mann unserer Truppe, Andreas, ohne bekanntes Motiv mit seinem Motorrad in Freiburger Umgebung herum, wobei er jedoch bedauernswerterweise von einem Regenschauer überrascht wurde und sich in Tuttlingen vorerst mit seiner Maschine ein Wanderkartenständerdach als Unterschlupf teilte. Dann aber zog er in ein Bushaltestellenhäuschen um – wobei dieses bei weitem nicht komfortabler war, da das Dach seine Funktion als Schutz vor Wasser nicht unbedingt erfüllte. Aus Frust über das Unwetter und die mangelnde Getränkeversorgung wurde dann gleich ein ganzes Päckchen Kinder-Schoko-Bons verputzt. Von all dem bekamen wir, schon etwas besser gelaunt, in der Messe jedenfalls nichts mit. Diese war wie immer ein besonderes Erlebnis und lieferte viele alte und neue Eindrücke. Wie immer stand natürlich die Bardigianobesichtigung an erster Stelle, bei der wir ehrenswerterweise die Bekanntschaft mit Savannas Halbschwester Nanda machen durften. Außer Bardigianos kamen uns auch noch eine Menge anderer Schwergewichtler, Sportler und Minis vor die Augen, wobei keines dieser mit unserer Lieblingsrasse mithalten konnte. Auch viel Neues hat vor allem Christine und Dietmar in seinen Bann gezogen, wie Rundhallen, die einem riesigen Zelt ähnelten oder auch eine andere Form von Kunststoffhufeisen, die eine scheinbar ideale Lösung zur Umgehung des Barfußgehens der Pferde im Winter darstellte. Auf dem Rückweg zum Auto stellten wir schmerzhaft fest, dass wir vergessen hatten, eine der „begehrenswerten rosaroten Gerten, die für den Reitsport ja so wichtig und unentbehrlich sind“ zu ergattern. Doch ganz leer gingen wir nicht aus: ein neues Halfter für Vittoria und ein Testversuch für neue Zügel wurden angeschafft. Nach der Messe begab sich unsere Truppe auf den Weg nach Orbey – bzw. Hauttes Huttes, den Berg dahinter – um endlich zu unserer Übernachtungsstation aufzubrechen. Da der Weg ziemlich bergig und kurvig war, befürchtete Christine, dass Andreas den Hof wahrscheinlich nicht finden würde, doch kaum erreichten wir unseren Zielort, stand dieser auch schon mit einem kalten Bier in der Hand vor uns. Von da an waren wir also komplett. Nach einer überschwänglichen und netten Begrüßung bezogen wir unser 5-Bett-Zimmer und besichtigten die beeindruckende Umgebung. Da wir erst gegen Abend angekommen waren, war es jetzt (zum Glück) auch schon Zeit zum Abendessen –besser gesagt Zeit zum Festmahl. Dieses äußerte sich in zwei voll besetzten langen Tischen, bester Stimmung und einem unglaublichen 3-Gänge Menü. So streckte sich das Abendmahl in die Länge, da sich keiner losreißen konnte. Die Letzten nahmen vor dem ins Bett Gehen noch einen Schlaftrunk (Eau de vie feurigsten Geschmacks) zu sich. Dann war aber nach dem anstrengenden Tag Schluss und mit der Zeit trudelten auch alle an ihrem Schlafplatz ein.
Tag 2
Nach einer zwar erholsamen, aber etwas zu kurzen Nacht kletterten wir um 5.30 Uhr aus den Betten, um uns zusammen mit Mario auf den Weg nach Saverne zu machen. Dort angekommen wurde erst mal eine Frühstücksgelegenheit gesucht, wo wir dann, typisch französisch, mit frischem Kaffee und Croissants versorgt wurden und uns anschließend gestärkt auf unser neues Arbeitsterrain begaben. Dies bestand aus einem riesigen Platz, dem Champ de Foire, der rechts und links von je zwei Pappelreihen gesäumt wurde. Danach wurde uns noch unsere Unterkunft gezeigt, die sich als Jugendherberge im Château de Rohan, einem wunderschönen Schloss herausstellte. Nachdem wir in unser 6-Mann-Zimmer, das wir mit Mario teilten eingezogen waren, ging es auch schon wieder zurück zum Arbeitsplatz. Unsere erste – und wie sich herausstellte auch einzige – große Aufgabe war es, zwischen den Bäumen Seile zu spannen, an denen später rund 400 Pferde festgebunden werden sollten. Ist doch ganz einfach?! Von wegen. Diese Aufgabe entpuppte sich nämlich als komplizierter als anfangs gedacht. So waren wir dann auch nicht, wie zuerst angenommen, „Mittags schon damit fertig“, sondern erst zwei volle Tage später. Wir durften nämlich die insgesamt 6000 € teueren Seile nicht zu sehr beschädigen (da diese danach wieder verkauf wurden) und sollten zusätzlich auch noch dafür sorgen, dass die Seile – Zitat von Mario – „gespannt [sind] wie eine Gitarrenseite.“ Bis wir dann überhaupt eine möglichst optimale Lösung für diese Forderungen fanden, benötigten wir viel Zeit und Nerven. Unsere Theorien waren beispielsweise die Mit-Hand-Spannmethode (sofort durchgefallen), die Mit-Schlaufe-Spannmethode oder die Mit-Knoten-Spannmethode. Doch keine dieser bewährte sich als praxistauglich und letztendlich wurde eine vollkommen andere in die Tat umgesetzt: nämlich die, die Seile mit Hilfe eines Spanngurts zu spannen und mit Rundhölzern, die zwischen Seil und Baumstamm eingeklemmt werden sollten festzuzurren. Die Umsetzung dieses Plans war sehr zeitraubend und so wurden wir mit versammelten Kräften an diesem Tag nur mit einer einzigen Baumreihe wirklich fertig. Total geschafft kehrten wir als wahrscheinlich die Letzten – denn die Deutschen schuften ja wie die Blöden – um ca. 19.00 Uhr zu unserer Unterkunft zurück um nur noch zu duschen, etwas zu Abend zu essen und nach einem Kaffee völlig fertig ins Bett zu fallen.
Tag 3
An diesem Tag freuten sich alle darauf, bis 7.30 Uhr „ausschlafen“ zu können, doch diese Vision wurde durch die nebenliegende Kirche zerstört, die um 7 Uhr mindestens fünf Minuten lang ihre Glocken in Gang setzte – toller Start in den Tag. Nach einem Frühstück in der Jugendherberge – bestehend aus schlechtem Kaffee – kehrte unser Arbeitstrupp wieder zum Aufgabenbereich zurück, wo dann in zwei Teams – Seilwickler und Seilspanner – weitergeackert wurde. Um bei der anstrengenden Arbeit immer reichlich gekühlte Getränke auf Vorrat zu haben, kamen wir auf die Idee, diese im nebenliegenden Bächlein zu versenken und zu kühlen. Doch das Bächlein zeigte sumpfähnliche Eigenschaften, was die Aktion beträchtlich erschwerte, da Corina, die sich freiwillig geopfert hatte hineinzusteigen, bis zu den Knien im Schlamm versank. Sie konnte zwar gerettet werden, doch ihre Schlappen, die sie nicht ausgezogen hatte, steckten irgendwo im Bachboden fest. Corina schaffte es dann tatsächlich einen davon wiederzufinden, doch als sie erfuhr, dass es hier Ratten gab, war die Schuhsuche beendet. Später kamen jedoch noch tapfere, junge, starke Helfer, die für sie bereitwillig und gerne den ganzen Bach umgruben – mit Erfolg: Am Nachmittag besaß sie wieder beide Schuhe. Während dieser Suchzeit wurde kräftig gewickelt, gezogen und gespannt. Dies wurde mit der Zeit immer anstrengender, was dazu führte, dass aus Unvorsicht auf Seiten Dietmars und Nathalies deren Finger zwischen Seil und Baum eingespannt wurde. Sehr unangenehm und schmerzhaft, aber kein Grund, seine Truppe bei der Arbeit im Stich zu lassen J. Am Abend ging es dem Finger wieder einigermaßen gut und wir beendeten frühzeitig um 17 Uhr unsere Arbeit – ganz im französischen Stil. Danach hatten wir genügend Zeit zum Erholen, da an dem heutigen Tag nur noch das Abendessen auf dem Plan stand. Bei dieser Gelegenheit bekamen wir dann auch unsere Helfer-T-Shirts, drei Stück pro Person, für jeden Tag ein Neues (wurde wohl auch einmal mit gedacht J). Nach dem Essen verschwanden Christine und Dietmar in der Jugendherberge, während sich unser Abendprogramm etwas in die Länge streckte, da wir uns gut auf deutsch – französisch – italienisch mit dem Italienischen bénévole Diego unterhielten und Andreas sich die Zeit mit Bier vertrieb. Er verriet sich später beim Betreten unseres Zimmers auch bei den Anderen, was folgendes Zitat bestätigt: „I hob an Rausch“ … fünf Minuten später hörte man ihn dann auch schon schnarchen. Sein Erholungsnickerchen wurde jedoch zu frühmorgendlicher Stunde unterbrochen, da Chefin Christine ihm den Auftrag gab, Mario, der bis dahin gearbeitet hatte und mit Pfeiflauten unterm Fenster auf sich aufmerksam machen wollte, doch die Tür zur Jugendherberge zu öffnen. Dann war aber auch mal Sense.
Tag 4
Für den heutigen Tag hatten wir geplant, unseren Wecker (diverse Handys) durch die Kirchturmglocke zu ersetzen, da diese ja sowieso als unser unmittelbarer Nachbar so penetrant läutet, dass jeder davon wach wird. Das ging natürlich in die Hose, da die Glocke genau an diesem Tag nicht läutete – hätten wir uns ja denken können. Glücklicherweise besitzt der Mensch ja eine biologische Uhr, die dann schließlich auch dafür gesorgt hat, dass jeder von uns so nach und nach wach wurde und wir zeitig beim Frühstück saßen. Heute fiel es besonders schwer, die nötige Motivation zum Arbeiten zu finden, da Abwechslung ein Fremdwort war und somit wieder mal Seilspannen angesagt war. Die zusätzliche Bekanntschaft mit der Gendarmerie von Saverne auf dem Weg zum Champ de Foire brachte dann unsere Stimmung auf Grund des fehlenden „Stressaushaltpuffers“ auf den Nullpunkt: Wir Deutschen hatten nämlich keine Sicherheitsgurte angelegt, was in Frankreich ja Pflicht ist (ganz im Gegensatz zu den Gesetzen in unserem Kontrollstaat! J ). Eine junge, blonde Polizistin sprang à la James Bond aus dem Wagen und fing an ihren Frust oder was auch immer an uns auszulassen, wobei sie auf französisch herumkeifte und – da wir ja nichts verstehen – uns mit Zeichensprache auf unseren Fehler aufmerksam machen wollte. Diese äußerte sich dadurch, dass sie uns mit den Gurten vor der Nase herumfuchtelte. Zum Glück war Dietmar noch etwas erschlagen von den letzten Tagen, denn sonst säßen wir jetzt wahrscheinlich alle zusammen in einem schönen Raum mit Betonboden und vergitterten Türen. Doch die Beschwerde ließ nicht lange auf sich warten, nämlich bis zur Mittagspause, die dann dazu diente, aller Welt (bis zum 2. Bürgermeister!) klar zu machen, wie wir hier behandelt wurden. Dafür ging die Arbeit aber erstaunlich gut voran. Wir entwickelten uns immer mehr zu den Ersatzchefs auf dem Champ de Foire – jeder der sich nicht auskannte, fragte uns um Rat. Dementsprechend erweiterte sich unser Aufgabenfeld: normalerweise war ja Seilspannen auf dem Plan, womit wir am Vormittag tatsächlich mit vereinten Kräften fertig wurden; aber da es anscheinend an kompetenten Arbeitskräften mangelte, übernahmen wir an diesem Tag auch noch die Anordnung der Wasserbehälter und diverser Kabel sowie Schläuchen, das Abladen und die Verteilung von Stroh-Rundballen und mit Hilfe unseres eigenen französischen Personals – zwei nette Mädels und der Rentnerclub – die Befüllung von ca. 80 Boxen mit Stroh. Danach waren wir alle gut gebräunt – vor Dreck – und sehnten uns nach kalten Getränken und einer säubernden Dusche. Da wir ja keine „mechanischen deutschen Arbeitstiere“ sind, beendeten wir unsere Arbeit schon um 16.30 Uhr und schnallten uns auf der Rückfahrt sogar an. In der Jugendherberge angekommen wurde zuerst die Frage in den Raum geworfen, was wir denn nun die ganze Zeit bis zum Abendessen tun sollten. Doch diese beantwortete sich von selbst, da alle, von der Arbeit müde, eine lange Erholungspause brauchten. Nach dem Abendessen wurde beschlossen, eine „Promenade“ durch die Saverner Altstadt zu unternehmen mit dem stichfesten Motiv, sich dort ein Eis zu gönnen. Die Umgebung war zwar wirklich sehr schön, doch von höflichem Umgang mit Touristen hatten die Saverner wohl noch nie gehört. Dies zeigte sich in der Tatsache, dass es für uns in ganz Saverne nicht möglich war, irgendwo ein Eis zu bekommen ohne vorher herablassend behandelt zu werden oder die Restaurantkarte durch zu bestellen. Am Ende unserer Tour waren wir von den heutigen Ereignissen entrüstet und schockiert, da unser gewohntes Bild von Frankreich hier vollkommen durcheinandergebracht wurde. Bevor wir ins Bett gingen war jeder so gefrustet, dass wir uns (vor allem Christine J) als Eisersatz und Betthupferl mit Bier zufrieden stellten.
Tag 5
An diesem Morgen stapften wir wie automatisiert die Treppen der Jugendherberge hinunter, da die von Marios Schnarchen erfüllte Nacht trotz hopfenhaltigem Schlafmittel nicht gerade erholsam war und das Frühstück auch nichts mehr retten konnte. Somit verlief unser Arbeitsvormittag sehr unmotiviert und nur eine Zwischenpause in Form von Schokoladeneis und – riegeln, sowie verschiedenen Gebäckstücken konnte uns beim Boxenstreuen und Strohrechen bei Laune halten. Nach dem Mittagessen ging es leider nicht anders weiter, da wir ja mittlerweile die Verantwortlichen für Zone C, dem Champ de Foire waren. Also wurde fleißig weitergerecht und der Schutt mit Schubkarren auf einen Haufen transportiert. Später wurde ein Teil von uns – Corina, Christine und Andreas – in die Zone D abkommandiert während Nathalie und Dietmar den restlichen Platz auf Hochglanz brachten. Dies gestaltete sich als schwierig, da andere französische Arbeiter die aufgeräumten Abschnitte durch den Abtransport von Rundballen wieder mit einem Strohteppich schmückten. Mit der Arbeitsmoral der Polen, die grundsätzlich alles liegen lassen und den funktionslos durch Paletten verkleideten Elektrokästen waren wir dann so weit, dass wir beinahe unsere Sachen gepackt hätten um nach Hause zu fahren. Jedoch dachten wir an Mario, der auch der einzige Ansporn für uns war, heute noch weiter zu arbeiten, was wir dann auch erfolgreich taten. Währenddessen ging es in Zone D nicht viel besser zu, weil dort offensichtlich noch überhaupt nichts gemacht wurde und alles ziemlich provisorisch vor uns lag. Beim Abendessen eröffnete uns Mario anschließend, dass es toll wäre, wenn wir in Zone D auch noch „mithelfen“ – also unseren Verantwortungsbereich dorthin ausweiten könnten. Am nächsten Tag mussten wir Punkt 6 auf der Matte stehen und den ganzen Rest noch erledigen, da ab 12.00 Uhr die Reiter kommen sollten. Uns allen – außer Andreas, da dieser bedauerlicherweise in der Früh abreisen wollte – war schon ganz übel bei dem Gedanken, für diese beiden Sektoren, also insgesamt mindestens 600 Reiter und Pferde zuständig zu sein. Deshalb gingen wir früh ins Bett, um einmal ohne Hitze und hoffentlich auch Geschnarche gut schlafen zu können.
Tag 6
Die Hitze war glücklicherweise durch ein nächtliches Gewitter etwas erträglicher, doch uns war ein erholsamer Schlaf wohl nicht vergönnt. Keiner hatte ein Auge zugetan, da eine Band es anscheinend nicht für nötig gehalten hatte, in der Nacht ihr sogenanntes Künstlertum einzustellen und ihr Gedudel nach der offiziellen Veranstaltung auf den Gang vor unserem Zimmer verlegt hatte. Als wir uns um 5.30 Uhr ohne jegliche Nerven aus den Betten hievten beschlossen sie dann, sich schlafen zu legen. Nun waren wir soweit, die heutige Arbeit als unsere letzte Aufgabe anzusehen, nach deren Erledigung wir keinen Finger mehr krümmen wollten. Der einzige, der sich anscheinend für das Richtige entschieden hatte war Andreas, da dieser gleich nach dem Aufstehen die Flucht Richtung Heimat antrat. Kurz nach sechs standen wir dann zu viert ohne Frühstück in Zone C, um dort alles fertig herzurichten. Stangen wurden zur Abteilung auf den Seilen verteilt und die Felder nummeriert, Boxen mit Stroh und die Plastikbehälter mit Wasser gefüllt. Außerdem war Zone D nicht annähernd bezugsbereit, da hier ja niemand außer uns selbstständig arbeiten konnte. Also organisierten wir dort auch noch schnell Wasser, Stroh und die „Attaches“ (zu deutsch Anbindstellen) für die Pferde. Während der Arbeit hatte jeder seinen persönlichen Tiefpunkt, an dem die Schmerzgrenze ganz klar überschritten wurde. Christine erlebte diesen Zustand bereits nach dem Aufstehen durch mangelnden Schlaf und fehlendes Frühstück. Bei Dietmar traf es dann die Security, die selbst mit den Händen in den Hosentaschen nur herumspazierte und uns, die jetzt schon den 5.Tag hier schuften klar machen wollte, dass wir auf dem Platz nicht parken dürfen. Kurz danach fand Nathalie ihr Opfer im städtischen Abgeordneten für die Wasserversorgung, der immer ganz nach dem hier völlig unpassenden Laisser-faire-Prinzip handelte. Und schließlich war sogar Corina soweit, dass sie ihre Aggressionen an freiwilligen Helfern in Zone D ausließ. Die Pferde trafen natürlich zu früh ein und wir konnten gerade so unsere Arbeit beenden. Danach war aber wirklich Schluss. Nach einer Dusche stand der Plan fest, die nächsten Tage keinen Strich zu arbeiten und wie die meisten anderen hier einfach nur zu schmarotzen. Am Nachmittag betrachteten wir unser Werk, das uns durch den Anblick der einwandfrei angebundenen Pferde mit Stolz erfüllte, da alles so aussah, wie wir es uns vorgestellt hatten. Nach diesem Kontrollgang durch unser Revier versuchten wir in der Jugendherberge den fehlenden Schlaf nachzuholen, was uns auch ohne Probleme gelang, da alle Störfaktoren außer Haus waren. Danach gab es Abendessen und zur Nachspeise, die wir ja eigentlich bei unserer Mahlzeit schon dazubekommen hatten, gönnten wir uns noch zusätzlich einen leckeren Crêpes. Dann zog es uns wieder in Zone C, um nach dem Rechten zu sehen. Immerhin war diese Zone das Resultat unserer harten Arbeit, die sich nun auch auszahlte: Es gab zwar einige Falschparker an den Anbindstellen, doch diese hielten bombenfest. Ganz im Gegensatz zu denen aus der Zone D, die ein Seilziehen mit Kaltblütern nicht überlebt hatten – war ja eigentlich vorauszusehen. Die Schlaftabletten Christine und Dietmar blieben nach dem Spaziergang im Zimmer der Jugendherberge, während Nathalie und Corina mit Mario ins Festzelt gingen um dort trotz allumfassender Gelenk- und Muskelschmerzen bis um 1.30 Uhr das Tanzbein zu schwingen.
Tag 7
Heute wäre eigentlich ausschlafen angesagt gewesen, wenn Christine nicht ab 7.30 Uhr ständig herumgemosert und genervt hätte, um uns aus dem Bett und zu bringen, so dass Madame nicht allein zum frühstücken gehen muss. Schließlich hat sie es durch ihre erstaunliche Hartnäckigkeit in der Befriedigung ihrer Grundbedürfnisse geschafft, uns eine Stunde später zum Aufbruch zu „überreden“. Das Frühstück wurde diesmal ins große Zelt verlegt, wo sich auch die gesamte Reiterschaft, sowie der Frühaufsteher Mario zusammenfanden. Von diesem ließen wir uns auch gleich seinen Autoschlüssel geben, damit wir nach unserem Morgenkaffee die Seile in Zone D mit unserem mittlerweile heißgeliebten Spanngurt ein zweites Mal festzurren konnten – was mehr oder weniger erfolgreich durchgezogen wurde. Nach erledigter Arbeit (die wir ja eigentlich nicht mehr erledigen wollten) wurde unser Interesse auf Prüfungen rund ums Reiten gelenkt, bei denen wir dann vor dem Schloss zuschauten und nebenbei über alles rund ums Reiten diskutierten. Danach gab es auch schon Mittagessen, was dringend nötig war, da ansonsten Christines dreistündiger Nahrungsaufnahmerhythmus aus dem Lot gekommen wäre. Mit vollem Magen beschloss sie dann noch eine Stunde Mittagsschlaf zu halten, was ihr zum Höchststand ihres Glücks auf Erden verhalf. Der Rest von uns driftete wieder mal in Zone C ab, die wir zum x-ten mal überprüften. Auf dem Rückweg beobachteten wir einen Vierspänner, dessen Frontpferd streikte und die Kutsche schließlich zum Zweispänner reduzierte. Durch dieses Erlebnis versetzten wir Christine jedoch um eine halbe Stunde, worauf ihre bockige Seite zum Vorschein kam. – Anmerkung der Redaktion: aus Rache hat uns Christine, die uns am Eingang der Jugendherberge eigentlich schon längst gesehen hatte, die ganzen Treppen bis zum Zimmer hinaufgehen lassen. Also nicht zu viel Mitleid J – Jedenfalls war dann alles mit einem Versöhnungseis wieder gut und wir konnten uns in „gewohnter Harmonie“ J den anstehenden Umzug anschauen. An diesem nahmen verschiedenste Reiter, Reitgruppen oder Gespanne aus unterschiedlichen Ländern und Regionen teil. Die Parade bot eine erstaunliche Anzahl diverser Eindrücke und dauerte gute 2 ½ Stunden. Darauf gönnten wir unseren Fußsohlen erst mal eine Erholungspause im Zimmer. Diese zog sich bis zum Abendessen und wurde bei unseren beiden Holzenbecher Faultieren sofort danach fortgesetzt. Das war natürlich kein Programm für das junge Gemüse und so vertrieben sich Nathalie und Corina den Abend mit Crêpesessen, Zonenbesichtigung und Feiern mit dem restlichen Reitervolk.
Tag 8
Heute war der letzte offizielle Tag des Equirando. Dementsprechend wurden nochmals Reitparcours zur Verfügung gestellt und am Nachmittag verschiedene Vorführungen geboten. Das Spektakel zeigte Western- sowie Dressurreiter, Isländer mit ihrem berühmten „Kopf in die Höhe“ – Tölt, Voltigieren, Longieren und Join – up. Während der Show legten wir eine Pause ein, da unser mageres J Sitzfleisch schon vor deren Beginn völlig durchgesessen war. Der Grund dafür war eine Extraeinlage zur Vorbereitung in der ein Möchtegern – Komiker eine geschlagene Stunde lang den großen Sandplatz goss. Letztendlich war die Vorführung dann um 18 Uhr beendet. Der Größtteil der Wanderreiter trat dann auch schon nach und nach die Heimreise an. Das Abendessen fand am heutigen Tag als eine Art Abschlussessen im großen Zelt statt. Der Restbestand der Reiter, Helfer und Organisatoren trafen dort zusammen und verfielen durch gute musikalische Unterhaltung sofort in gute Stimmung. Während das lebenslustige Franzosenvolk gemeinsam das Tanzbein schwang – wobei sich später auch Nathalie und Corina wieder darunter mischten – trieb es unsere beiden Oldies Dietmar und Christine nach zwei Flaschen Rotwein wieder mal ins Bett. Nathalies Tanzkräfte versagten diesmal durch die Strapazen der letzten Woche früher als sonst und so folgte sie den anderen kurz nach Mitternacht nach, während Corina sich noch nicht losreißen konnte. Doch das kam wenig später dann auch, als sie zuerst auf der Tanzfläche von zwei andersgepolten Frauen belästigt und anschließend von einem französischen Jüngling bis ins Zimmer verfolgt wurde.
Tag 9
Nach erneutem Frühstück im großen Zelt zu humaner Zeit (denn stressen lassen wir uns hier nicht mehr) begaben wir uns zu unserer Zweitheimat Zone C. Dort begannen nämlich nun die Aufräumarbeiten. Die meisten Reiter waren jetzt zwar weg, doch der Dreck und der Größtteil der Seile (ein Abschnitt wurde unerlaubterweise entwendet) blieben. Also sahen wir es als unsere Aufgabe die perfekt haltenden Seile, die von unseren Händen angebracht wurden mit ebendiesen wieder zu entfernen. Während nun also unsere polnischen Arbeitskollegen klapperten, schepperten und Gegenstände mit dem LKW umfuhren waren wir den ganzen Tag damit beschäftigt die Knoten zu lösen, die Seile sauber aufzuwickeln und abzuschnüren und diese sowie die Rundhölzer und –Balken auf dem städtischen Bauhof abzuladen. Dabei wurde in unserer Corina anscheinend eine Fehlfunktion aktiv, die einen unabwendbaren Selbstzerstörungstrieb in Gang setzte, der ihre Person durch verschiedenste „bedrohliche“ Situationen in Gefahr brachte. Beispielsweise verletzte sie ihr Schienbein schon vorher an einer herunterfallenden Palette, so dass sie sogar vom Roten Kreuz versorgt werden musste und fügte sich am heutigen Tag mehrere Kratzer, Schnittwunden und blaue Flecken am ganzen Körper durch Rundhölzer, Drähte und Seile zu. Natürlich bekamen wir jede Verletzung durch Corinas typische iiih – Laute mit, auch wenn diese gar nicht in Sichtweite war. Wir wagten uns irgendwann nicht mehr unser Corinchen mit Aufgaben zu belasten, da sie ja durch diese in Lebensgefahr gebracht werden könnte. Jedenfalls waren wir gegen Nachmittag mit der Arbeit so gut wie fertig, wenn nicht eine Reitgruppe mit 26 Rössern noch an einem Seil hängen würde. Diese hatten ein Problem mit dem bestellten Viehtransporter, der nicht gekommen war und wir beschlossen, das Seil bis morgen hängen zu lassen. Am Abend nach Dusche und Abendessen genehmigten wir uns zusammen mit Mario noch einen leckeren französischen Kaffee bei netter Bedienung.
Tag 10
An unserem letzten Tag räumten wir nur noch das letzte Seil auf, da der Lkw für die Reitgruppe schon angekommen war, wobei wir uns das Verladen der Pferde, die dort hineingepfercht werden sollten nicht mehr mit ansehen konnten oder wollten. Also fuhren wir los um noch Holz und Seile abzuliefern und anschließend zur Verabschiedung an den Helferparkplatz zurückzukehren. Diese fiel natürlich jedem sehr schwer und es war nicht leicht, uns von denen, die wir hier lieb gewonnen haben loszureißen. Mario hätte uns sogar noch ein paar Tage auf seinen Hof eingeladen, doch das war nicht möglich, da zu Hause schon der nächste Wanderritt wartete und deshalb traten wir mit wehmütiger Stimmung die Heimreise an. So ging also ein Abenteuer zu Ende, das uns noch stärker zusammengeschweißt hat – ein „Urlaub“ der ganz besonderen Art.
Anhang, ein kleines Lexikon:
(keine korrekte Rechtschreibung)
Bottisch – Bayerisch
- Bossl – Hanswurst
- Gott verdamm mi! – Kreiz-Kruzi-Fix!
- Muzele – Küsschen
- Pfuddl – Bopperl
- Weislbu – Waisenjunge